Montag, 18. Juni 2007
Neuer Referendar
Habe gerade zum ersten Mal den neuen Referendar in der Teeküche getroffen. Der wird hier kein Angebot bekommen, das ist mir schon heute klar. Offenes Wesen und dunkelblaues Hemd. Deutlicher könnte man sich von der hier herrschenden Linie kaum distanzieren.

Ich mag ihn jetzt schon. Er heißt übrigens Richard, eigentlich ein großkanzleitauglicher Vorname.

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Aufzugbegegnung reloaded
Gerade war ich durch eine glückliche Fügung der Aufzuggöttin just mit den beiden Arbeitsrecht-Associates im Aufzug, die ich neulich schon einmal getroffen hatte.

Der Größere von beiden, ein schlaksiger Typ, der fast immer eine Weste trägt, hat mich auch diesmal gegrüßt. Danach hat er mich sogar nach meinem Namen gefragt und wir sind ein wenig ins Gespräch gekommen. Jetzt haben wir eine Verabredung zum Lunch. Passt mir sehr gut, die Associates von meinem Stockwerk würden eher ihre goldüberzogenen Manschettenknöpfe einzeln verspeisen als mit mir beim Lunch gesehen werden.

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Magengrimmen
Mir ist ganz unwohl, wenn ich an Morgen früh denke. Von Laschen-Louie steht immer noch die Antwort aus, wer denn nun an dem Akten-Chaos schuld war. Irgendwann in nächster Zeit muss ich auch den Grund für seine miese Laune in den letzten Tagen erforschen.

Zu allem Überfluss soll dann morgen auch noch ein neuer Referendar bei uns auf dem Stockwerk anfangen. Wenn das auch wieder so ein Typ vom eingebildeten niederen Landadel ist, werde ich mir mittelfristig etwas ausdenken müssen, wie ich diese Burschen meiden kann. Zumindest die Arbeit für sie und mit ihnen.

Und wenn ich dann noch an die ebenso wuseligen wie hochnäsigen Sommerpraktikanten denke, wird mir gleich ganz schwarz vor Augen. Ein einziges Desaster, aber mein Sitznachbar schwärmt von den "recruiting benefits". Zum Glück schnappt mir keiner von diesen verhätschelten Mamasöhnchen meinen Sitzplatz weg - einer der Vorteile des "Kellers" ...

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Samstag, 16. Juni 2007
Abgesagt
"Ich muss noch für die Berufsschule lernen. Und außerdem meinte meine Kollegin schon am Freitag, dass man besser nichts mit einem aus der Kanzlei anfängt, wenn es nicht grade ein Anwalt ist. Da hätte man das große Los gezogen, klar. Naja, ich finde, sie hat recht. Wir müssen uns ja auch noch an der Weihnachtsfeier an einen Tisch setzen können, da lassen wir das besser mit dem Ausflug morgen."
Da lässt sich schwerlich gegen argumentieren, ein Paralegal ist sicher nicht "das große Los". Was an einem Sonntagsausflug allerdings die Weihnachtsfeier versauen soll, bleibt wohl ihr Geheimnis.

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Ich bin echt
Habe gerade gelesen, dass man vermutet, ich sei der Großbudenniemand oder er sei ich oder wir seien jemand Drittes.

Eigentlich sollte ich das als ungehörige Beleidigung auffassen. Auch wenn ich dem Schnösel vielleicht mal den Spiegel vorhalte und ihm deshalb ein Dorn im Auge bin: Mit ihm verschmelzen werde ich deshalb noch lange nicht. Obwohl der natürlich EGO für Zwei in sich trägt ...

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Wochenendplanung
Wenn das Wetter hält, werde ich am Wochenende mit der Azubine aus dem Notariat einen Ausflug in den Taunus machen. Ist zwar nicht so "prestigeträchtig" wie das Wochenende auf Sylt, von dem ich gestern zwei Associates habe sprechen hören, aber das macht mir nichts aus.

Bald bin ich vielleicht auch Anwalt und dann kann ich mir auch spontane Wochenend-Kurztrips an die Ostsee leisten.

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Samstag, 16. Juni 2007
"Let's call it a day"
Mit diesem Spruch hat mich Laschen-Louie gerade nach Hause geschickt. In der Großkanzlei, speziell bei den Dealjunkies im M&A, ist Deutsch schon lange nicht mehr die Amtssprache.

Klingt natürlich nach mehr als ein proletarisches "Feierabend". Soll aber den gleichen Inhalt rüberbringen.

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Wehleidig
Man sagt und schreibt mir, mein Stil sei wehleidig und weinerlich. Das sitzt. Ich werde also versuchen, kaltblütiger und zynischer zu schreiben, zu denken und vor allem zu handeln. Der Karriere tut es ja allemal gut. Man muss sich nur den angeblichen Erfolg dieses Großbudenniemands anschauen.

Wie sich mein neues Handeln auswirkt, erfahren Sie in Kürze auf diesem Sender.

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Grade aufgeschnappt
Ich muss ja heute leider länger bleiben. Blöd, weil ich da meine Lieblings-Comedy-Sendung verpasse. Normalerweise bin ich immer zur "Primetime" zu Hause, bin schließlich kein Anwalt. Dafür muss ich aber auch nicht das Licht anlassen, wenn ich gehe.

Gerade habe ich mir eine Tüte Chips geholt, weil ich ein wenig Hunger habe (und diese Akte verfluche, bei der ich alle Laschen neu machen muss).

Im Aufzug sind zwei Associates mit mir nach oben gefahren, die beide seit kurzem im Arbeitsrecht tätig sind. Die waren gerade noch schnell einkaufen, machen die Associates angeblich oft, kurz vor acht nochmal nach unten in den Supermarkt. Wann sollen sie auch sonst einkaufen?

Offenbar wissen die beiden nicht, dass ich kein "Kollege" bin, sondern nur Paralegal. Jedenfalls haben sie sehr offen gesprochen im Aufzug. Der Eine fluchte, weil ihn ein M&A-Partner heute anrief und mit den Worten "Sie machen doch auch dieses Mädchenrechtsgebiet, nicht wahr? Lassen Sie mal alles stehen und liegen, wir brauchen Sie."

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Prioritäten
Es war nicht meine Schuld, die Laschen waren alle in Ordnung. Der "Deal" muss also einen anderen Haken als meine Aktenführung. Laschen-Louie hat mich allerdings gerade wissen lassen, dass ich die gesamte Akte heute "vor close of business" neu einzusortieren haben werde. Das gehe allen anderen Arbeiten vor, er habe die anderen Associates informiert.

Eigentlich müsste ich nämlich noch für zwei andere Associates Sachen erledigen, die ebenfalls "allen anderen Aufgaben vorgehen". Sollen die das untereinander regeln.

Ich dachte allerdings bis jetzt immer, dass der einzige Anwalt hier auf dem Stock, der jeden Tag Hosenträger aufträgt, die höchste Priorität ansagen könnte. Offenbar habe ich mich da geirrt, die Hierarchie ist wohl doch nicht so einfach zu durchschauen. Jedenfalls nicht bei den Anwälten.

Dann setze ich mich mal an die Laschen.

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Schlechte Laune
Laschen-Louie hat heute schlechte Laune. Jedenfalls vermute ich das. Als ich gerade aus der Teeküche von einem Schwätchen mit meiner Lieblingskollegin, einer Partnersekretärin mit von-der-Leyen-Frisur 1.0, zurück an meinen Platz kam, fand ich dort einen Aktenordner auf meinem Stuhl vor. Darauf klebte ein kaffebeflecktes Post-It mit folgender "Nachricht":

"Rücksprache sofort. Chaos in Akte, was soll das?"

Alle Laschen waren rausgerissen und auf dem Boden verteilt.

Mal sehen, ob es meine Schuld war.

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Bewerberrundgang
Ich habe mich mittlerweile daran gewöhnt, dass die Bewerber bei ihrem Rundgang durch die Etage im Rahmen des Gesprächstages hier im Hause immer nur in die Anwaltszimmer gehen und ihre Aufwartung machen. Ins Gespräch mit den Associates oder dem Hiring-Partner stolzieren sie dann über den Gang und wir Normalsterbliche müssen zur Seite springen, egal was wir gerade tragen oder wie wichtig unser gegenwärtiger Arbeitsauftrag ist.

Natürlich werden wir auch nicht vorgestellt. Nie würde einer von denen auf die Ideen kommen, eine Sekretärin oder mich mit Handschlag zu begrüßen. Alles arrogante Schnösel, diese Bewerber. Dabei sollten die sich gar nichts einbilden: wenn ein Jurastudium wirklich so schwer wäre, gäbe es doch wohl kaum so viele Juristen!

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Marketingschule
Heute morgen hat mir mein Kollege, mit dem ich den Keller teile, erzählt, dass er einmal im Monat einen Stammtisch besucht, an dem eine Handvoll Großkanzlei-Marketingmenschen teilnimmt. Insgesamt scheint die Personalfluktuation in diesem Bereich nicht zu verachten sein. Entsprechend gering auch die "Loyalität" der Marketingmenschen zu ihrer aktuellen Kanzlei. Die Stammtische jedenfalls sollen eine heitere Veranstaltung sein: Abwechselnd wirft einer der Teilnehmer einen der nichtssagenden Werbesprüche von den DIN-A4-Juve-Anzeigen in den Ring und die anderen raten, wer aus der Runde auf diesen Mist gekommen ist.

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Donnerstag, 14. Juni 2007
Feindbeobachtung
Ich habe heute versucht, die Hierarchie unter den Referendaren zu durchschauen. In Gruppen gibt es immer Alpha-Tierchen, so auch hier. Nach der Formation beim heutigen Abgang zum Lunch muss ich zu dem Schluss kommen, dass deren Alpha-Äffchen folgende Merkmale hat:

Stoppelhaarige Fastglatze, Monogramm auf dem Hemd und Manschettenknöpfe. Ob das für eine Voodoo-Puppe reicht?

(Zum Glück war das nicht zufällig auch der Typ, der mir die Grundbuchauszüge aufs Auge gedrückt hat. So sieht es danach aus, als ob dieser Referendar eher ein Omega-Tierchen ist. Jedenfalls erzählte mir heute die Sekretärin des Partners, für den er arbeitet, dass er den Associates gegenüber kaum den Mund aufbekommt. Hilft mir natürlich nichts. Mir gegenüber bekommt er ihn ja auf.)

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Guter Rat
Ein Kommentator hatte mir geraten, Laschen-Louie auf seinen vergifteten "Tip" mit dem Referendar-Stammtisch anzusprechen. Kurz vor Feierabend habe ich genau das heute getan - und es hat sich gelohnt!

"Tut mir leid, dass das so abgelaufen ist. Beim nächsten Mal gehe ich mit Ihnen, dann sorge ich dafür, dass Sie auch bleiben dürfen."

Eigentlich nett von ihm, oder? Bleibt aber ein etwas komischer Nachgeschmack. Alleine werde ich mich jedenfalls nicht mehr da hin trauen.

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Ein eigenes T-Shirt
Ich sehe gerade, das man mir sogar ein eigenes T-Shirt widmet (hier klicken). Supernett, danke! Das mit der Mail ist nicht schlimm, ich mache ja kein Geheimnis aus meinem Studium. Die Kanzlei bei der ich arbeite will ich aber nicht nennen und versuche das auch so gut wie es geht zu verschleiern.

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Der "Keller"
Man fragte mich, ob ich wirklich im Keller sitzen muss. Das muss ich richtigstellen. "Keller" ist meine (und die support-staff-interne) Bezeichnung für ein paar fensterlose Räume, von denen der Architekt sicher nie gedacht hätte, dass hier mal Menschen dauerhaft arbeiten sollen. Da hat er aber weder mit dem Wachstum des Standorts noch mit der Geringschätzung dem "Support Staff" gegenüber gerechnet.

Mittlerweile macht es mir aber nichts mehr aus. Ich habe ein Poster aufgehängt, jetzt fühle ich mich richtig wohl. Mit im Zimmer sitzt übrigens ein Kollege, der irgendwas mit "Marketing" macht. Ein netter Typ, mit dem man auch mal ein offenes Wort über die Kanzlei und die Unkultur hier reden kann. Glaubt man gar nicht, wenn man sich die Hochglanzbroschüren anschaut und davon ausgeht, dass er da angeblich zumindest teilweise mitverantwortlich für den Text ist ...

Bald sollen wir einen zweiten "Paralegal" bekommen, dann sind wir schon mal ein Team und man wird uns nicht mehr so einfach übergehen können. Vielleicht kriegen wir dann auch einen eigenen "Paralegal-Abend". Man wird sehen.

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Sommerfest
Gerade ging die Mail mit der endgültigen Sommerfestplanung herum. Alle sind eingeladen, auch die Abendsekretärinnen (die müssen nur eine "Notbesatzung" für den Tag sicherstellen). Die Referendare stürzen sich natürlich wie die Geier auf so eine Veranstaltung. Sind kaum einen Monat hier und kommen auch nur drei oder vier Tage die Woche, aber wenn es was kostenlos zu essen gibt, sind sie da, wie die Schmeißfliegen.

Vielleicht sollte ich auch Referendar werden. In der Gesetzgebung wird ja gerade viel geändert in Sachen Wirtschaftsjuristen und Rechtsberatung und so. Ich gehe fest davon aus, dass wir bald Referendare oder Anwälte werden können.

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Strategischer Vorteil
Gerade noch niedergeschlagen, bin ich jetzt wieder bester Laune. Ich bin ja auf dem Sekretärinnen-Mailverteiler. (Auch so eine Sache, aber dazu später mal mehr.) Gerade ging eine Mail rum:
An: $Secretaries FFM

Betreff: Warmes Essen in Konfiküche

Liebe Mädels,

die DD-Anwälte haben wieder leckere Nudeln und Salat übriggelassen.

Wer Zeit und Lust hat, wir treffen uns auf ein Schwätzchen oben.
Krieg ich also doch noch Mittagessen. Hihi.

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Genau sowas hasse ich
Der Uni-Fatzke ist doch tatsächlich zu seinem Chef gegangen. Der kennt zwar sonst nicht einmal meinen Namen, hat mich aber gerade angerufen und gefragt, ob es stimmen würde, dass ich mich weigerte, Arbeitsanweisungen anzunehmen.

"Natürlich nicht."

"Dann ist ja gut. Mittag können Sie auch später machen, die Sache eilt."

Jetzt sitze ich hier, während mein Kollege aus dem Materiallager, mit dem ich meistens zum Mittagessen gehe, schon seinen Rukolasalat essen darf.

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Retourkutsche
Grade hat mich einer der gestern beteiligten Referendare angesprochen. Er wolle gleich zum "Lunch" mit Kollegen und habe eine kleine Bitte an mich. Ob ich nicht schnell ein paar Grundbuchauszüge auf ein bestimmtes Flurstück durchsehen könnte. Das sei ja doch eher stupide Arbeit und angesichts seiner Lunchverabredung ...

Ich habe ihn einfach stehen lassen. In your face, Uni-Fatzke.

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Aktueller Genickschlag
Eigentlicher Auslöser für die Geburt dieses Tagebuchs sind die unfassbaren Geschehnisse beim gestrigen "Abend für die Referendare". Diese "Juristen" (sie haben alle nur ein Examen!) werden von der Sozietät hofiert wie hübsche Jungfrauen auf einem Maitanz.

Während wir Paralegals häufig schon mehrere Jahre im Job sind, kommen diese Grünschnäbel frisch von der Uni und bilden sich darauf auch mächtig was ein. Solche Machtphantasien gipfeln dann in Situationen wie gestern:

Der Associate, für den ich am häufigsten und auch sehr gerne arbeite, lud mich beiläufig zum Referendarstammtisch ein, nachdem ich für ihn über die gesamte letzte Woche hinweg Aktenordner für eine bevorstehende Due Diligence kopiert, geordnet und mit Laschen versehen hatte. Laschen mag er sehr und besteht auf einem komplizierten Farbcode, den er mir mal als Handout zum Auswendiglernen mitgegeben hatte, damit ich "auch in hektischen Dealphasen bei den Laschen keine Performance-Einbrüche" zu verzeichnen hätte (das Codesystem ist eigentlich recht einfach und für mich kein Problem). Ich nenne ihn seitdem Laschen-Louie, natürlich nur, wenn ich mit mir selbst spreche, was ich oft tue, wenn ich in meinem Kellerbüro solche Laschenarbeiten verrichte.

Laschen-Louie also erwähnte den "Abend für die Referendare" und ergänzte ein "Da könnten Sie eigentlich auch mal hingehen, bei allem, was Sie für die Kanzlei tun". Meine jüngste Laschenodyssee hatte ihn erkennbar beeindruckt, was mich nicht wenig Stolz machte.

Als ich den Laden betrat, führte mich der Lärmpegel der alkoholisierten Referendargruppe schnell zum richtigen Tisch. Man hatte allerhand Leckerbissen aufgefahren, einige Associates tranken mit und selbst der lokale Hiring-Partner war da. Ihn erkenne ich, weil er damals meinen Anstellungsvertrag unterschrieben hatte und ich ihn gleich darauf auf der Website ausfindig gemacht hatte und mir das Bild ausgedruckt hatte. Überhaupt habe ich alle Partnerbilder ausgedruckt und versuche, sie mir einzuprägen. Solche Tricks sind leider notwendig, weil man im Tagesgeschäft als Paralegal leider in der Regel keinen Partnerkontakt hat (schon wegen der räumlichen Trennung).

Der Rest ist leider schnell erzählt: Als mich der erste Referendar erkannte, stieß er seinen Kollegen an und setzte eine Kettenreaktion der unangenehmen Sorte in Gang. Nachdem jeder mit dem Finger auf mich gezeigt hatte, wurde es ganz plötzlich merklich stiller und die Köpfe drehten sich wie von Geisterhand synchronisiert in Richtung des Hiring-Partners, der sich gerade über einen der 18-Euro-Hawaii-Toasts hermachte, für die diese Bar eine gewisse Berühmtheit erlangt hat.

Nach kurzer Zeit war auch er im Bilde. Man konnte ihm förmlich ansehen, wie er die Situation taxierte, wie er das letzte bisschen Menschenfreundlichkeit gegen die Erwartungen abwog, die die Referendare an ihn stellten. Ich sag ihm an, dass er mein Gesicht kennen musste, jedenfalls zuckte er kurz zusammen, ohne sich nennenswert Mühe zu geben, das vor mir zu verbergen.

Es kann keine schwere Entscheidung gewesen sein, die er da traf, jedenfalls nahm er nicht einmal den 18-Euro-Toast aus den Händen:

"Es tut mir leid, aber das ist eine geschlossene Veranstaltung für die Referendare der Sozietät. Der Support-Staff hat seine eigenen Get-togethers. Haben Sie bitte Verständnis und ersparen Sie in Zukunft sich und uns solche Szenen."

Unter dem kaum unterdrückten Gelächter der Referendare und Associates trat ich wortlos den Rückzug an. Auf dem Weg zur S-Bahn und während der Fahrt (ich wohne etwas außerhalb, die Mieten sind unvernünftig hoch in der City) hatte ich nur einen Gedanken: War das Absicht von Laschen-Louie?

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Gegenentwurf
Eine entspannte Lektüre meines liebgewordenen jurablogs.com wird zunehmend durch die schnöseligen Beiträge des neu aufgenommenen "Großbuden-Nerds" vereitelt.

Zeit, einen lehrreichen Gegenentwurf zu starten. Zeit, die Dinge wieder ein wenig zurecht zu rücken. Zeit, ein paar Großkanzlei-Mythen zu entzaubern.

Kurzum: Zeit, die glitzernde Law-Firm-Welt Mainhattans aus der Sicht eines Paralegals darzustellen. Ungeschminkt und jenseits der Hochglanzbroschüren.

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