Soziale Inkompetenz
Mein Lunch mit dem hageren westentragenden Arbeitsrechtler hat bleibenden Schaden in meinem Glauben an das Gute im Menschen hinterlassen.

"Die Weste" hat mir erzählt, dass einer der älteren Partner, der übrigens eine verblüffende Ähnlichkeit mit Altkanzler Schmidt hat (und das manchmal auf Weihnachtsfeiern zur Unterhaltung einsetzt, wenn er während seiner Rede zwischen den Gängen eine Zigarette in die Mundwinkel klemmt und hanseatisch näselt), dass dieser Partner also Ende letzter Woche auf ihn zugekommen sei mit der Bitte, sich für ihn um ein "privates Problem" zu kümmern.

Sein Hausmädchen sei schwanger. Das sei unerhört, weil sie ihren Kinderwunsch weder bei ihrer Einstellung vor vier Jahren kundgetan habe noch in letzter Zeit irgendeinen Hinweis in dieser Richtung gegeben habe. Er sei deshalb "kalt erwischt" und wolle ihr das nicht durchgehen lassen. Statt Mutterschutz müsse es doch eine Möglichkeit geben, dem Mädchen wegen "unbilligen Verhaltens" eine außerordentliche Kündigung auszusprechen. Die Weste solle das nun prüfen.

Der millionenschwere Partner möchte das schwangere Kindermädchen "freisetzen". Auf den Vermerk bin ich gespannt. Mein hagerer Kollege hat versprochen, mich über den Fortgang seiner Recherche zu informieren. Der Auftrag kotze ihn allerdings an, wie er mir unter vier Augen versicherte. Aber einem Partner kann man nun mal nichts abschlagen, sonst kann man sich gleich von den minimalen Restchancen auf eine eigene Partnerschaft verabschieden.

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steeefan, Dienstag, 19. Juni 2007, 15:01
Also da fällt mir nichts mehr ein...

jama, Dienstag, 19. Juni 2007, 15:20
Also mehr fällt da sehr viel dazu ein. Allerdings wenig schmeichhaftes. Aber solche Sozial(Kapital)schmarotzer treibt die "Blöd"-Zeitung leider nie durchs mediale Dorf.
Schade eigentlich.

ra munzinger, Dienstag, 19. Juni 2007, 15:47
Mir fällt da juristische Inkontinenz ein.

Das wäre nicht die erste Schwangere, bei der sich urplötzlich ein goldener Kaffeelöffel findet, der ihr gar nicht gehört.

paralegal, Mittwoch, 20. Juni 2007, 15:55
Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass das Hausmädchen jetzt auch noch zu klauen anfängt.

setrok, Donnerstag, 21. Juni 2007, 13:28
Sie muss die nicht geklaut haben, damit sie sich da finden, schätze ich. Wer sie wirklich loswerden will, hilft da nach.

paralegal, Donnerstag, 21. Juni 2007, 13:29
Achso, Sie meinen, er zwingt sie zum Klauen?

setrok, Donnerstag, 21. Juni 2007, 13:37
Sie muss ja nicht klauen, auch nicht gezwungendermaßen, damit man dort was finden kann.

paralegal, Donnerstag, 21. Juni 2007, 13:38
Das verstehe ich nicht.

berniecb, Donnerstag, 21. Juni 2007, 13:44
Sehr schön. Bitte weiter so!

jadjewski, Dienstag, 26. Juni 2007, 00:43
@paralegal: Das wiederum verstehe nun ich!

meistereder, Dienstag, 19. Juni 2007, 17:38
Welch Geschrei... Ich finde das vollkommen in Ordnung. Der einzig Unständige hier ist der Associate, der sich nicht traut, dem Partner dazu seine Meinung zu sagen, sondern lieber buckelt. Das ist auch der Grund, weshalb er kein Partner werden wird!

paralegal, Mittwoch, 20. Juni 2007, 15:56
Ich dachte, genau so WIRD man Partner. Ich kenne mich natürlich nicht so damit aus. Habe noch nie von einem Paralegal gehört, der Partner wurde.

bewerber, Dienstag, 19. Juni 2007, 18:04
Sie sollten sich dringend überlegen, einen Arbeitsrechtler über das Schreiben dieses blogs zu befragen - diesen Eintrag würde ich jedenfalls wieder rausnehmen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Kollegen von Ihnen sichselbst identifizieren und die Sache die Runde im Büro macht.

fashushi, Dienstag, 19. Juni 2007, 18:26
Und zu welchem Ergebnis soll der Arbeitsrechter - etwa "Weste"? - dann kommen, außer zu dem offensichtlichen: Wenn das hier echt ist und kein fake, dann hasta la vista, baby (and rightly so).

Man könnte das Ding ja schon vom fehlenden Impressum her aufrollen...

P.S. Kleiner Tipp. Wenn die Sache hier ins Kochen kommt, dann schlagen Sie beim ersten internen "Klärungs"-Gespräch vor, dass Sie das bewusste Hausmädchen heiraten und deren Balg als Ihres anerkennen; das bringt Pluspunkte in der B-Note!

paralegal, Mittwoch, 20. Juni 2007, 14:28
Lieber Bewerber,

Sie haben sicher recht: Es ist nicht ohne Risiko ein Blog mit persönlichem Inhalt zu führen. Andererseits habe ich es ja absichtlich anonymisiert, nenne keine Namen und versuche bewusst, möglichst wenige Anhaltspunkte zu nennen die auf meine Kanzlei schließen lassen könnte. Frankfurt ist schließlich die Anwaltsmetropole hierzulande.

Zweitens weiß ich, das bei uns im Büro niemand jruistische Blogs kennt, jedenfalls redet nie jemand davon. Auch von jurablogs.com habe ich noch nie jemand reden hören, ich gehe also davon aus, das die Leute das gar nicht kennen. Die Chance auf mein Blog zu stoßen ist also sehr gering.

Und wenn: Ist es verboten zu bloggen? Müssen manche Dinge nicht irgendwann mal öffentlich gesagt werden? Solange man keine identifizierbaren Personen bloßstellt muss sich ja auch niemand angeprangert fühlen.

Und lieber "fashushi": Sie wünschen mir also die Kündigung? Was sind Sie denn für ein verhärmter Zeitgenosse?

bewerber, Mittwoch, 20. Juni 2007, 15:02
ist das so schwer zu verstehen? -allein schon, weil Sie ihren Westenkollegen reinreissen, der Ihnen nix hätte erzählen dürfen.

paralegal, Mittwoch, 20. Juni 2007, 15:38
Naja, Großkanzleianwälte mit Weste dürfte es doch sehr sehr viele geben in Bankfurt, meinen Sie nicht?

Und wie gesagt: Diese "high profile deal makers" lesen keine Blogs, da bin ich mir sicher.

berniecb, Mittwoch, 20. Juni 2007, 15:39
"Die Chance auf mein Blog zu stoßen ist also sehr gering."

Ob jemand Blogs kennt oder nicht: Wenn eine Mail herumgeht: "Hier verrät jemand Interna aus einer Großkanzlei", wird nachgeguckt. Mittlerweile dürfte eine Menge Großbuden-Anwälte hier unterwegs sein. Ich hoffe, du tust es dem GBN gleich und legst genügend falsche Fährten.

paralegal, Mittwoch, 20. Juni 2007, 15:40
Gute Idee. Damit kann ich ja jetzt anfangen, danke für den Hinweis. Ab sofort gilt also: falsche Fährten inklusive :-)

fashushi, Dienstag, 19. Juni 2007, 18:15
Ich bin hier ja jetzt ungern das sozial kalte Arschloch, aber natürlich hat der Partner recht. Ich würde die Frau auch sofort entlassen wollen.

Ein Hausmädchen hat eine Vertrauensstellung, und, wie ich aufgrund meiner Kenntnisse des Marktes beurteilen darf, eine gutbezahlte dazu. Es ist eine Sache, Großbetrieben und Behörden einen Anspruch auf korrekte Auskunft in intimen Fragen zu verweigern, eine andere ist es, das Vertrauensverhältnis zwischen Privatarbeitgeber und Haushälterin mit Rechtsgesülze kaputtzureden. Sie darf lügen, wenn sie gefragt wird, aber sie hat dann eben gelogen, und das ändert das Verhältnis fundamental.

Der Bericht sagt auch nichts zu einem Ehepartner oder überhaupt einem sozial existierenden Kindsvater. Alleinerziehende Mütter, die sich in Kreisen herumtreiben, in denen Männer nicht zur Vaterschaft stehen, sind nicht vertrauenswürdig. Sie sind erpressbar. Sie sollen gern Arbeit finden, aber privat vertrauen kann man ihnen nicht.

Sie beruft sich auf das Gesetz bei ihrer Schweinerei, der Hausherr beruft sich bei seiner auch auf das Gesetz. Was daran ist illegal? Was daran ist schlimm? Dass die Peitsche, die sie gegen den Hausherrn einsetzen wollte, jetzt vielleicht auf ihrem Rücken aufklatscht?

Nö.

Selbstverständlich lehnt die "Weste", wie Sie mäkeln, den Auftrag nicht ab, denn der Auftrag lautet nicht "mach sie fertig" oder "hau sie tot", sondern einfach "prüfe die Rechtslage". Das ist es, wofür Anwälte da sind: unvoreingenommen die RLage zu prüfen. Dass Sie das nicht kapieren, macht Sie zu dem, was Sie sind.

jama, Dienstag, 19. Juni 2007, 18:34
Der Bericht sagt auch nichts dazu, dass sie gelogen hätte.

Abgesehen davon, sind Fragen nach einem Kinderwunsch nicht per se unzulässig?

Einen Kommentar dieser Art ausschließlich auf Mutmaßungen aufzubauen, finde ich sehr gewagt.

fashushi, Dienstag, 19. Juni 2007, 18:47
Sie tadeln mich zu recht. Streichen Sie bitte das Wort "Lüge", wo ich es verwendete, und setzen Sie "Täuschung" ein.

Auch mit Ihrer Frage haben Sie nicht unrecht. Ich war davon ausgegangen, dass die Frage eines potentiellen Arbeitgebers nach einem Kinderwunsch zulässig sei, nur müsse der Arbeitgeber hierauf nicht wahrheitsgemäß antworten.

Ein erstes Nachschlagen ergibt dies: >>BAG, AZ 2 AZR 227/92, Urteil vom 15.10.92 // Die Frage nach der Schwangerschaft vor Einstellung einer Arbeitnehmerin enthält in der Regel eine unzulässige Benachteiligung wegen des Geschlechts und verstößt damit gegen das Diskriminierungsverbot des § 611 a BGB, gleichgültig ob sich nur Frauen oder auch Männer um den Arbeitsplatz bewerben.<<

Ich hatte mir dies gemerkt: >>Ein Arbeitgeber muss auch dann jemanden beschäftigen, wenn im schriftlichen Arbeitsvertrag über eine bestehende Schwangerschaft gelogen wurde. Zwar führe normalerweise eine solche „arglistige Täuschung“ zur Nichtigkeit des Arbeitsvertrages, doch stellt die Frage nach einer Schwangerschaft eine unzulässige Diskriminierung dar. (BAG) vom 6. Februar 2003 (AZ: 2 AZR 621/01).<< Da man lügen darf, schien mir zu folgen, dass gefragt werden darf.

Ich baue den Kommentar nicht auf Mutmaßungen auf, sondern auf dem Sachverhalt, so wie ihn der Herzjesu-Legal mitgeteilt hat.

jama, Mittwoch, 20. Juni 2007, 09:17
gut bezahlte Vetrauensstellung -- rein spekulativ
kein Kindsvater -- rein spekulativ
beruft sich aufs Gesetz -- rein spekulativ

Was blieb da noch übrig von Ihrem Beitrag?

Ach ja, ich kann Ihnen noch folgen, dass es zwar rechtlich zulässig, aber vielleicht moralisch bedenklich ist, bei einer solchen Frage den Arbeitgeber bei der Einstellung zu täuschen.

Das dann aber nach vier Jahren Tätigkeit der Kinderwunsch (so es denn ein Wunschkind ist) beim Arbeitgeber erneut thematisiert wird, halte ich für lebensfremd.

Solche Einstellungen wie die Ihre führen unter anderem dazu, dass wir uns am unteren Ende der Geburtsraten in der Welt befinden.

Früher war Kinder gebären eine natürliche Angelegenheit, bei Ihnen ist es ein Fall für den Arbeitsrichter.

fashushi, Mittwoch, 20. Juni 2007, 12:41
Ich kann nur hoffen, dass Sie kein Kollege sind.

>>gut bezahlte Vetrauensstellung -- rein spekulativ
kein Kindsvater -- rein spekulativ
beruft sich aufs Gesetz -- rein spekulativ

Was blieb da noch übrig von Ihrem Beitrag?<<

Schaun mer mal.

Hausmädchen bei millionenschwerem Partner einer Anwaltskanzlei. Er fühlt sich hintergangen, weil sie schwanger wird, ohne dies aktiv mit ihm besprochen zu haben. - Aus der Reaktion des Hausherrn kann man das ablesen, aber auch die allgemeine Lebenserfahrung sagt, dass ein Hausmädchen seine Stellung bei einem wohlhabenden Anwalt nicht vier Jahre ohne tiefes Vertrauen ausüben kann, dass sie also eine Vertrauensstellung hatte. Und ein Hausmädchen bekommen Sie nicht für 5,50 EUR/h, da sind, entgegen der Niedriglohnsektor-Hysterie, erhebliche Beträge fällig. Meine konkreten Kenntnisse von Gehaltshöhen für festangestellte Hausmädchen in gehobenen Kreisen liegen zwischen 2.600 und 3.400 EUR / Monat, zzgl. Arbeitgeberbeiträge versteht sich. 2,6 bis 3,4, sagen Sie, was Sie wollen, ich sage, das ist ein guter Verdienst. - Also: Ihr erster Einwand: Blödsinn.

(b) Kein Kindsvater. Erstens, habe ich so, wie Sie das behaupten, nicht gesagt, ich habe mich vielmehr direkt auf den "Sachverhalt" bezogen, so wie Pralinen-Legal uns den in seinem Sinne zugeschnitten präsentiert hat. - Ihr zweiter Einwand also: Blödsinn.

Zweitens aber, nehmen wir ruhig einmal an, ich hätte gesagt, was Sie mir unterstellen: Spekulativ, aber nicht rein. Wäre sie verheiratet, hätte der Hausherr das gewusst, ja? Dann aber hätte er lebensnah auch mit Kindern rechnen müssen. Dasselbe gilt bei einem dauerhaften außerehelichen Verhältnis. Wirklich überraschend kann die Schwangerschaft nur sein, wenn die Frau keinen festen Partner hat; gerade dies bedingt die Schwere des Vetrauensbruches: Dass der Hausherr auf die Solidität des Hausmädchens vertrauen zu können glaubte. Sie hat ihm also sehr wahrscheinlich vier Jahre lang keinen Anlass gegeben, einen Kinderwunsch anzunehmen. Eben darum ist er so empört. - Ihr zweiter Einwand also: Semiblödsinn.

(c) Sie will Mutterschutz, beruft sich also aufs Gesetz. - Ihr letzter Einwand: Blödsinn.

Zweimal Blödsinn und ein halber: Tugüte, Mann, ich kann nur hoffen, dass Sie kein Kollege sind.

P.S. Was Sie alle nicht verstehen ist, dass es nicht darauf ankommt, ob "die Deutschen" sich vermehren oder nicht. Sie haben sich da statistische Gleichmacher-Flausen ins Hirn pusten lassen. Es kommt darauf an, ob bestimmte Schichten der deutschen Bevölkerung sich vermehren oder nicht. Unterschichtzuwächse braucht kein Mensch.

berniecb, Mittwoch, 20. Juni 2007, 13:44
Bevor die Unterschichten-Diskussion in voller Langeweile ausbricht: Was sind denn "statistische Flausen"?

fashushi, Mittwoch, 20. Juni 2007, 13:50
>>Was sind denn "statistische Flausen"?<<

Erwarten Sie von mir, dass ich Ihnen auf die Schnelle Ihr Abitur nachhole?

Hören Sie auf das, was Ihnen Ihr Mathematiklehrer damals sagte: "Selbst denken macht schlau."

jama, Mittwoch, 20. Juni 2007, 14:00
Ich gebe gerne zu, kein Kollegen zu sein.

aber, um nur einen Punkt aus ihrem Eleborat herauszugreifen.

Ich glaube gehört zu haben, dass das Mutterschutzgesetz ein Beschäftigungverbot für den Arbeitgeber für die Zeit nach der Geburt enthält.
Das Berufen auf den Mutterschutz ist somit nicht ein Wollen, wie sie es so schön ausdrücken, sondern eher ein müssen, welches auch im Interesse des Arbeitgebers liegt.

Leider drückt mich ein wenig die Zeit, so dass ich mich mit dem Punkt des festen Lebenspartners welcher dem Arbeitgeber nach ihrer Deutung ja bekannt sein müsste, jetzt nicht genauer auseinandersetzen kann.

berniecb, Mittwoch, 20. Juni 2007, 14:01
@fashushi:

Hehe... Ich glaube, von Ihnen lasse ich mir lieber nichts nachholen.

mcneubert, Mittwoch, 20. Juni 2007, 17:00
Vielleicht ist das Hausmädchen ja auch vom Hausherren schwanger und dies war nicht abgesprochen. Dann kann ich seine Aufregung schon gut verstehen.

paralegal, Mittwoch, 20. Juni 2007, 17:11
Wie soll denn das gehen? Er ist doch verheiratet!

coffeine-addict, Mittwoch, 20. Juni 2007, 18:07
Welche der Kommentare sind hier eigentlich ernst gemeint? Obwohl hier alles auf einen Fake hindeutet, mal ein kurzer Abriss für diejenigen, die bei einer Schwangerschaft einer unverheirateten Frau "in Vertrauensvorstellung" ein zutiefst unmoralisches Leben und damit einen Kündigungsgrund konstruieren wollen: nee, das geht nicht!

Arbeitsrechts-Basics 1: Anfechtung/verhaltensbedingte Kündigung wegen Täuschung bei Eingehung des Arbeitsvertrages

Eine Frage des Arbeitgebers nach bestehender Schwangerschaft und auch nach Kinderwünschen ist unzulässig und darf deshalb auch mit einer Lüge beantwortet werden.

Zwar hat der AN grundsätzlich eine "Offenbarungspflicht" bezüglich solcher Fragen, die mit dem Arbeitsplatz und der zu erbringenden Leistung in einem Sachzusammenhang stehen. Dabei müssen aber immer die Persönlichkeitsrechte des Bewerbers mit den Interessen des Arbeitgebers abgewägt werden, sich ein verlässliches Bild über die fachliche und persönliche Eignung des Bewerbers für gerade diesen Arbeitsplatz zu machen. Täuscht der Bewerber den Arbeitgeber, indem er Fragen unwahr beantwortet oder Angaben verschweigt, berechtigt diese Täuschung nur dann zur Anfechtung, wenn sie widerrechtlich erfolgt ist. Zulässig sind etwa Fragen nach den Vorstrafen wegen Vermögensdelikten bei einer Kassiererin oder einem Buchhalter. Bei unzulässigen Fragen hat der AN ein "Recht zur Lüge", und zwar gerade bei auch schon bestehenden Schwangerschaften, um den Schutz von Mutter und Kind sowie Schutz vor Frauendiskriminierung zu erreichen. Der EuGH schützt die Schwangere sogar noch stärker und sieht sogar befristete Arbeitsverträge (6 Monate) dann als gültig an, wenn bereits bei Vertragsabschluss feststeht, dass die Schwangere während des wesentlichen Teils der Vertragslaufzeit nicht arbeiten kann.

Da die Hausgehilfin erst vier Jahre später schwanger geworden ist, kann man ihr beim besten Willen nicht vorwerfen, bei Vertragsabschluss über eine bereits bestehende Schwangerschaft getäuscht zu haben. Ähnlich verhält es sich meines Erachtens mit dem "Kinderwunsch", so sie denn überhaupt zu diesem Zeitpunkt einen gehabt haben sollte. Es ist zwar verständlich, dass Arbeitgeber wissen möchten, wie groß die Gefahr ist, dass ein AN komplett für einige Zeit ausfällt, Ersatz eingestellt und dazu noch die Arbeitsstelle frei gehalten werden muss... aber dennoch berührt diese Frage die Intimsphäre der AN. (Arbeitgeber wehren sich, indem sie Frauen halt nicht so gerne einstellen oder mit "Intensiv-Mobbing" für den Fall der Schwangerschaft drohen, dass so stark sein soll, dass die AN freiwillig kündigt.)

Problem ist halt die immer noch bestehende traditionelle Rollenteilung... es geht ja keiner davon aus, dass mann kündigt, wenn frauchen Herd und Kind umsorgen kann... deshalb muss man mann nicht fragen.

Arbeitsrechts-Basics 2:
Die Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft oder bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung ist - meines Wissens - gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 MuSchG unzulässig, wenn dem Arbeitgeber die Schwangerschaft bekannt war oder ihm innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Kündigungsausspruch mitgeteilt wird. Es besteht jedoch die Möglichkeit, die Kündigung ausnahmsweise durch die zuständige Behörde gemäß § 9 Abs. 2 MuSchG für zulässig erklären zu lassen. Dieser Schutz wird in die Elternzeit hinein erstreckt, in der eine Kündigung ebenfalls- meines zugegeben nicht mehr ganz aktuellen Wissens - nicht zulässig ist.

Der Umstand, dass frau schwanger wird, ist übrigens nicht gleichbedeutend mit allgemeiner moralischer und sonstiger Unzuverlässigkeit, die eine sofortige Kündigung nicht nur gerechtfertigt, sondern sogar erforderlich macht.

Arbeitsrechts-Basics 3: Unterlassungspflichten
Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer verpflichtet, alles zu unterlassen, was den mit dem Arbeitsverhältnis zusammenhängenden berechtigten Interessen des Arbeitgebers zuwiderläuft. Insbesondere gehört dazu, dass der AN nicht den Betriebsfrieden stären, den Konkurrenten des Arbeitgebers Betriebsgeheimnisse preisgeben oder kreditschädigende Äußerungen (auch wenn sie wahr sind) über den Arbeitgeber preisgeben darf. Zusätzlich kann je nach Art der Tätigkeit und des Betriebes auch die Auferlegung einer außerdienstlichen Zurückhaltung gefordert sein. Dies gilt vor allem für Arbeitnehmer in Tendenzbetrieben oder für leitende Angestellte (diese sollten z.B nicht jedes Wochenende sturzbetrunken in der Öffentlichkeit erscheinen). Ohne Weiteres kann man aber aus der Schwangerschaft nicht daraus schließen, dass die Haushälterin/Hausgehilfin/whatever ein moralisch komplett verkommenes Subjekt ist.

Ergo: ohne Weiteres kein Verstoß der Haushälterin gegen ihre Pflichten aus dem Arbeitsvertrag, aber ...

womöglich einer vom Paralegal, der diesen Fall überhaupt auf's Tapet gebracht hat. Denn wenn man über seinen Chef verbreitet, dass dieser ein moralisch verkommenes Subjekt ist, der entweder seiner Haushilfe selbst ein Kind gemacht hat und sich jetzt vor der Verantwortung drücken will oder einer in Not gekommenen Frau jegliche arbeitgeberseitliche Fürsorge verweigern will, ist die Grenze zur rufschädigenden Äußerung dünn (auch wenn die meisten, die hier Kommentare abgegeben haben, die "Schuld" alleine bei der Frau sehen und das Verhalten des Arbeitgebers als vollkommen in Ordnung.) Dem zu Grunde liegt die Schweigepflichtverletzung von "Weste", und wenn Sie, sehr geehrter Paralegal, auf Grund dieser Angaben hier identifiziert werden können, werden Sie beide sich bald zumindest nach einer neuen Arbeitsstelle umsehen müssen... und Weste dräut dazu noch strafrechtliches (§ 203 StGB) und standesrechtliches Ungemach.

@ Fashushi: es ist immer leichter, den Stein auf andere zu werfen, wenn die eigenen Sünden nicht so leicht erkennbar sind, weil mann nicht schwanger werden kann... Bei allem Respekt, aber bei Ihren Äußerungen gewinnt man den Verdacht, Sie seien ein Würdenträger der "True Love waits"-Bewegung oder ein sehr entschiedener Vertreter von Teilen der katholischen Morallehre.

paralegal, Mittwoch, 20. Juni 2007, 18:35
Ich habe doch kein Geheimnis verraten! Wenn ich den Namen von "Helmut Schmidt" preisgeben würde, sähe das vielleicht anders aus, aber so? Die Leute können es doch als "fiktives Gedankenexperiment" sehen, wenn sie wollen.

Und Weste hat es ja keinem Außenstehenden verraten, sondern quasi einem Berufskollegen, jedenfalls einem der bei ihm arbeitet. Und wenn das Rechtsberatungsgesetz fällt, bin ich ja auch Anwalt, dann hat er den Fall einfach mit einem KOLLEGEN besprochen. Das wird ja wohl erlaubt sein.

setrok, Mittwoch, 20. Juni 2007, 21:16
Naja, wer ein paar große Kanzleien in FFM kennt und einen Partner, der aussieht wie Helmut Schmidt...

paralegal, Donnerstag, 21. Juni 2007, 01:17
Ich kann nur hoffen, dass es in Frankfurt nicht nur einen Großkanzleipartner mit Altkanzlerphysiognomie gibt.