Dienstag, 2. Oktober 2007
Bewerbermobbing
Gestern haben hier im Büro wieder neue Associates angefangen und wurden herumgeführt, vorgestellt, mit Verwaltungsformalitäten belästigt und in die tieferen Weihen der Espressomaschinen und Saftpressen eingeführt. Ein normaler Monatserster also.

Nicht ganz: Einer der Associates ist wirklich nett und sehr offen. Kein "von" im Namen und keine Initialen aufs Hemd gestickt. Mit dem lässt sich reden.

Er hat mir gleich das Du angeboten. Torsten heißt er. Den Nachnamen sage ich nicht. Vielleicht ist auch der Vorname falsch. In Zeiten von Google und Kanzleiwebsites ist der Teufel ein Eichhörnchen. Soviel habe ich von den guten Tips meiner Leser gelernt. Nennen wir ihn Torsten Baum.

Torsten hat mir erzählt, was einer der Partner während seiner Runde von Vorstellungsgesprächen im Einzelgespräch zu ihm sagte. Ich habe keinen Anlass, an der Richtigkeit seiner glaubwürdig erzählten Geschichte zu zweifeln. Und die ging so:

Der Partner schwadronierte ein paar Minuten über die Überlegenheit der Sozietät gegenüber den Mitbewerbern und schwenkte dann langatmig über zu den Anforderungen, die man hier an "die neuen Kollegen" stelle. Unter anderem müsse man etwas darstellen. Dazu gehöre auch der Name. Und da müsse Torsten "sich bewusst machen, dass niemand gerne einen TORSTEN BAUM auf dem Briefkopf hat".

Was soll man dazu sagen?

PS: Habe mir grade überlegt, das ich nicht nur abends sondern auch morgens vor Arbeitsbeginn bloggen kann. Was ich vor der Arbeit mache, kann mir doch wohl niemand vorhalten.

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Freitag, 27. Juli 2007
Solidarität
Habe eine Mail von einem engagierten und sehr netten Vertreter der Fachangestelltenzunft bekommen, der zurecht anprangert, das in diesem Bereich wirklich weithin Hungerlöhne gezahlt werden.

Ich habe das Glück, in meiner Großbude vergleichsweise fürstlich entlohnt zu werden. Umso mehr finde ich, dass man auf diese skandalösen Zustände hinweisen sollte.

Die Fachangestellten leisten doch tolle Arbeit! Die Herren Rechtsanwälte sollten das mal anerkennen! Ein freundliches Wort zur rechten Zeit wirkt oft Wunder (bezahlt aber trotzdem noch keine Rechnung).

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Mittwoch, 27. Juni 2007
Weichgeklopft
Ich habe die Weste grade noch mal angerufen, weil meine Neugierde doch stärker war als meine angeborene Zurückhaltung. Nach kurzem Zögern hat er mir dann "unter uns!" berichtet, das er die Sache jetzt "unorthodox" lösen sollte. Er hat dem Hausmädchen einen vierseitigen Brief mit allerlei juristischen Überlegungen zu Schadensersatzpflichten und allgemeinem Blabla zum Mutterschutz und seinen Ausnahmen geschickt, dazu dann noch allgemeineres Blabla zum Vertrauensverhältnis und möglichen Störungen und deren Rechtsfolgen. Bin zwar kein Arbeitsrechtler, aber das klingt wie eine Gemengelage einiger Vermerke aus dem Intranet, die auch ein Schimpanse zusammentackern hätte können.

Offenbar aber höchst wirkungsvoll, jedenfalls hat das Mädchen wohl gestern "für sofort gekündigt" und ist gleich mit der Bahn zu ihrer Mutter nach Göxxxxx gefahren. Nächste Woche dann will sie endgültig umziehen. Den Umzug will ihr zur Hälfte der ehemalige Arbeitgeber zahlen. Als Abschiedsgruß sozusagen.

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Dienstag, 19. Juni 2007
Soziale Inkompetenz
Mein Lunch mit dem hageren westentragenden Arbeitsrechtler hat bleibenden Schaden in meinem Glauben an das Gute im Menschen hinterlassen.

"Die Weste" hat mir erzählt, dass einer der älteren Partner, der übrigens eine verblüffende Ähnlichkeit mit Altkanzler Schmidt hat (und das manchmal auf Weihnachtsfeiern zur Unterhaltung einsetzt, wenn er während seiner Rede zwischen den Gängen eine Zigarette in die Mundwinkel klemmt und hanseatisch näselt), dass dieser Partner also Ende letzter Woche auf ihn zugekommen sei mit der Bitte, sich für ihn um ein "privates Problem" zu kümmern.

Sein Hausmädchen sei schwanger. Das sei unerhört, weil sie ihren Kinderwunsch weder bei ihrer Einstellung vor vier Jahren kundgetan habe noch in letzter Zeit irgendeinen Hinweis in dieser Richtung gegeben habe. Er sei deshalb "kalt erwischt" und wolle ihr das nicht durchgehen lassen. Statt Mutterschutz müsse es doch eine Möglichkeit geben, dem Mädchen wegen "unbilligen Verhaltens" eine außerordentliche Kündigung auszusprechen. Die Weste solle das nun prüfen.

Der millionenschwere Partner möchte das schwangere Kindermädchen "freisetzen". Auf den Vermerk bin ich gespannt. Mein hagerer Kollege hat versprochen, mich über den Fortgang seiner Recherche zu informieren. Der Auftrag kotze ihn allerdings an, wie er mir unter vier Augen versicherte. Aber einem Partner kann man nun mal nichts abschlagen, sonst kann man sich gleich von den minimalen Restchancen auf eine eigene Partnerschaft verabschieden.

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